GartenArbeit 2007/2008

Multidisziplinäre Erkundung zu freier selbstbestimmter sinnstiftender Arbeit in Magdeburg, in Partnerschaft mit der Otto-von-Guericke-Universität / Abt. Umweltpsychologie, dem Verband der Gartenfreunde Magdeburg e.V. und dem Stadtplanungsamt.

Angesichts der verlassenen Gewächshausanlage stellte ich mir erneut Fragen nach dem Verhältnis Mensch-Natur-Kultur, nach vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Formen von Arbeit, der Art und Weise von Pflanzenanbau und selbstbestimmter Gestaltung von Räumen. Meine Fragen nach den Möglichkeiten freier, selbstbestimmter, sinnstiftender Arbeit lenkten meine Aufmerksamkeit auf GartenArbeit. Ich entdeckte Kleingärten als Kulturräume, die augenscheinlich vielfältige Formen von GartenArbeit und dabei die kultivierende Aneignung und Gestaltung eines Raumes ermöglichen.

Zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs vom städtischen Raum „ins Freie“ kommen immer wieder Kleingartenanlagen in mein Blickfeld. Vom Rand her betrachte ich mit Erstaunen und Neugier diese kleinen Gärten, die sich einerseits in eine Gartengemeinschaft eingliedern, andererseits private Refugien sind, in denen sich offenbar Individuen in der mühevollen und geduldigen Bearbeitung und Gestaltung eines eigenen Lebensraumes selbst verwirklichen. Wird im Garten ein Ideal von freier, selbstbestimmter, nicht entfremdeter Arbeit verwirklicht? Welche Bedeutung hat die Arbeit im Garten? In welcher Weise wird diese Arbeit von denen, die sie selbst planen, ausführen, den Ertrag, die Gestaltung genießen, als sinnstiftend empfunden? Kleingartenanlagen wurden entwickelt in der Industriegesellschaft als physischer und psychischer Ausgleich zu den urbanen, naturfernen Wohnverhältnissen, zur entfremdeten, ungesunden Industriearbeit, als Grün- und Freiräume für Kinder, als Faktor wirtschaftlicher Eigenversorgung. Hat sich solche Funktion verändert, besonders mit den Veränderungen des wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen Gefüges in den letzten Jahrzehnten? Mit fortschreitendem Lebensalter, familiärer Veränderung, durch Verlust der Erwerbsarbeit? Von Mai bis Oktober 2007 wendete ich mich diesen Themen und Fragen zu. Damit setze ich meine Erkundungen zum Thema „Arbeit / Orte der Arbeit“ fort, dem ich mich seit 1995 in der ehemaligen Industrieregion Dessau widme.

Johanna Bartl, GartenArbeit – eine multidisziplinäre Erkundung in Magdeburg als pdf, Inhalt: Einleitung / Bericht über eine multidisziplinäre Erkundung in Magdeburg / Partner / Studien und Notizen zum Begriff „Arbeit“ / Kleingärten – Bedeutung, neue Herausforderungen und Aufgaben / Literatur.
Das Projekt wurde 2007 gefördert durch ein Stipendium „Kunst und Wissenschaft“ der Kunststiftung Sachsen-Anhalt.

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In Magdeburg besuchte ich oft die Gartenanlage „Naturfreunde“ und sprach mit vielen Gartenfreunden über ihre Lebenserfahrungen. Letztlich kam es bis Ende Oktober 2007 zu 19 mit Videocamcorder aufgezeichneten Gesprächen. Meine Fragen waren eher indirekt und mein Thema umschreibend, um zu ungezwungenem und unbeeinflußtem Erzählen zu bewegen. Zugleich nahm ich in Absprache mit den Gartenfreunden jeweils ein Motiv in ihrem Garten auf, mit fester Kameraeinstellung, als Dokument des Zeitraums, des Ortes, der Farben und von Licht, Wind und Wetter. Aus den mehr als 7 Stunden Aufnahmen fertigte ich im Winter 2007/08 eine DVD von 35 min. Länge: „GartenArbeit – ein Gruppenportrait von Gartenfreunden der Kleingartenanlage Naturfreunde in Magdeburg“, die zur Feier des 120jährigen Bestehens der Anlage und im Offenen Kanal Magdeburg gezeigt wurde. Alle Beteiligten erhielten eine Audio-CD.

Exzerpt aus den Gesprächen über Gartenarbeit in 19 Kleingärten in Magdeburg als pdf herunter laden

IM DIALOG Kunst, Landschaftsplanung, Soziologie und gesellschaftliche Praxis: Für die Veranstaltungsreihe IM DIALOG im Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg schlug ich ein Podiumsgespräch zum Thema „GartenArbeit“ vor. Zu dieser Veranstaltung am 4.6.2008 habe ich Antje Wegner (Studentin Soziologie und Betriebswirtschaft an der Otto-von Guericke-Universität Magdeburg), Dr. Babette Scurrell, Soziologin (Stiftung Bauhaus Dessau) und auf ihren Vorschlag hin Prof. Dr. Sabine Hofmeister, Landschaftsplanerin (Leuphana-Universität Lüneburg) zum Podiumsgespräch eingeladen. Ich gestaltete eine Einladungskarte mit meinem „Wortfeld“ als Legespiel.
Auf die Wand neben dem Podium projizierte ich LEBEN ZEIT ARBEIT NORM FREI und die Schatten der Früchte und Gegenstände (Glaskugel, farbige Spielfiguren, Papierstreifen); die als Stilleben auf der Glasplatte des Overhead-Projektors zu sehen waren. Die Einleitung bildete eine Audio-Kurzfassung meines „Gruppenportraits von Gartenfreunden…“ (7 Min.). Ich erläuterte meine Intentionen und berichtete vom Verlauf des multidisziplinären Projekts GartenArbeit. Antje Wegner stellte ihre bisherigen Forschungsergebnisse und das Exposé ihrer Magisterarbeit vor. Dr. Babette Scurrell moderierte die anschließende Podiumsdiskusssion. Nach Öffnung des Gesprächs zum Publikum wurde das Thema durch aufschlußreiche Beiträge von Kleingärtnern und vom Vorstand des Magdeburger Verbandes der Gartenfreunde bereichert und erweitert.

Exposé der Magisterarbeit von Antje Wegner „Der Mensch und sein Garten – Mensch-Umwelt-Beziehungen als Ausgangspunkt zur Entstehung von Bedeutung“ als pdf herunter laden